
Es gibt zwei Szenarien in denen der Zerspaner zu Sonderwerkzeugen greift: Bei der Herstellung spezieller Bauteile in kleiner Stückzahl, die besondere Anforderungen erfüllen müssen und bei Gro?serienteilen, bei denen die Produktivit?t z?hlt. Abh?ngig vom Anwendungsfall k?nnen Sonderwerkzeuge somit von angepassten Serienwerkzeugen bis hin zu kompletten Neuentwicklungen reichen.

Den prominentesten Bereich für Sonderwerkzeuge stellt die Gro?serienfertigung dar – meist hoch komplexe Bauteile in immensen Stückzahlen. Dabei sind zwei Anwendungsf?lle zu unterscheiden: Die Produktion auf flexiblen Bearbeitungszentren sowie getakteten Fertigungslinien.
Bei Ersteren kommen zumeist Komplexwerkzeuge zum Einsatz, die mehrere Bearbeitungsschritte in einem Zug – ohne unproduktive Werkzeugwechsel – kombinieren. Typisch ist hierbei die Verknüpfung von Bohr-, Aufbohr- und Senkoperationen. Mit einer solchen Bearbeitungsabfolge sah sich auch Gühring konfrontiert. Für einen Automobilisten entwickelte der Werkzeughersteller ein Sonderwerkzeug, das bei der Bearbeitung von Pleueln im Pkw-Bereich Anwendung findet.
Als Basis solcher Werkzeuge dient oftmals jahrzehntelanges Knowhow aus dem Standardbereich, das um weitere Bearbeitungssituationen erg?nzt wird. Die Bearbeitungsaufgabe bestand in der Komplettbearbeitung der Schraubenbohrung im Pleuel. Dabei wurde mit dem entwickelten Komplexwerkzeug die Herstellung des zylindrischen Bohrungsteils, der Gewindekernlochbohrung und der stirnseitigen Ansenkung, in einem Arbeitsgang kombiniert. Eine weitere Schwierigkeit bestand in der schr?gen Au?enkontur des Bauteils und somit einem Durchbohren im unterbrochenen Schnitt.
Als Basis diente die Standardgeometrie des Bohrwerkszeuges RT 100 HF. Dieses Werkzeug punktet mit hervorragenden Eigenschaften hinsichtlich Rundheit und Geradheit der erzeugten Bohrungen und besitzt zudem sehr gute Spanformungseigenschaften im Ausspitz- und Nutbereich. Applikationsoptimierte Erfahrungen wurden genutzt, um den Anschnitt mit einem stabilisierenden Eckenschutz zu versehen, Spanbrecher an der Senkstufe zu implementieren und die Hautschneide mit einer angepassten Mikrogeometrie auszustatten. Um bei der zu bewerkstelligenden 6xD Bohr-Senk-Kombination den prozesssicheren Spantransport zu gew?hrleisten, arbeitete Gühring mit neu entwickelten Schleif- und Finishverfahren. Das ermittelte Ratiopotenzial des Sonderwerkzeugs liegt bei etwa 20 Prozent. Gleichzeitig konnte die Gesamttaktzeit um rund ein Viertel verkürzt werden. Durch die kombinierte Bearbeitung der beiden Durchmesser reduzierte sich ebenfalls der Anteil von Werkstücken mit Koaxialit?tsfehlern.
Maximale Produktivit?t im Vordergrund
Bei der Entwicklung von Sonderwerkzeugen für fest verkettete Fertigungslinien steht hingegen nicht die Kombinationsbearbeitung im Vordergrund, sondern die maximale Produktivit?t. Die Anpassungen reichen in diesem Fall von angepassten Schicht- oder Substratsystemen bis hin zu neuen Mikro- als auch Makro-Geometrien. Sonderwerkzeuge k?nnen durch gesteigerte Schnittwerte sowie Standzeiten die Bearbeitungszeiten senken. Die h?heren Fertigungskosten amortisieren sich dann durch die enormen Einsparungen.
Zudem erfordern neue Werkstoffe neue Werkzeugentwicklungen. Beispiel hierfür sind mikrolegierte, hochfeste Werkstoffe. Sie erm?glichen es, Leichtbauteile herzustellen, die bei geringerem Materialeinsatz mindestens gleiche, oftmals sogar bessere Festigkeiten aufweisen. Herausforderung bei der Bearbeitung ist dabei die enorme thermische Belastung der Schneide. Nur ein schneller Spantransport aus der Kontaktzone hilft Sch?digungen der Schneide zu vermeiden, die aus lokalen Verfestigungen und Aufbauschneiden entstehen k?nnen. Moderne Schleifmethoden, die eine deutlich geringere Schneidenschartigkeit gew?hrleisten und eine sehr gute Oberfl?chenrauigkeit erm?glichen, bieten hier eine L?sung. Bereits im Herstellprozess integrierte, sehr aufw?ndige Schneidkanten-Pr?parationsverfahren unterstützen die Schichthaftung als thermische Trennschicht zus?tzlich. Diese reduzieren zudem die thermische Belastung der Schneidkante durch eine günstigere Spanbildung. Oftmals lassen sich Werkstoffe erst durch den Einsatz von Sonderwerkzeugen wirtschaftlich bearbeiten.
Die gezeigten Beispiele stellen nur einen Querschnitt aus der Vielzahl unterschiedlicher Sonderwerkzeuge dar. Die Bandbreite reicht von kleinen ?nderungen an Standardwerkzeugen über komplexe Kombinationswerkzeuge mit mehreren Funktionen bis hin zu vollst?ndigen Neuentwicklungen für spezielle Bearbeitungsf?lle.
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